Atemberaubende Positionskämpfe, heiße Stoßstangenduelle, aber auch einige Strafen – das siebte Saisonrennen der DTM auf dem Nürburgring verlief äußerst lebhaft. Am Ende bejubelten die Zuschauer auf den vollen Tribünen vor allem Kelvin van der Linde. Der Südafrikaner, vom ersten Startplatz ins Rennen gegangen, eroberte mit dem Audi von ABT Sportsline in eindrucksvoller Manier seinen dritten Saisonsieg und baute damit seine Tabellenführung weiter aus. Als bester Gaststarter erkämpfte sich Luca Stolz (GER) im Mercedes-AMG des Teams Toksport WRT den zweiten Platz auf dem Podium vor dem Schweizer Philip Ellis im WINWARD-Mercedes-AMG. Da Stolz als Gaststarter keine Punkte erhält, durfte sich der viertplatzierte Lokalmatador Mike Rockenfeller, in Neuwied geboren, über 15 Punkte auf seinem DTM-Konto freuen.
Beim DTM-Spektakel auf dem Nürburgring waren erstmals 23 Rennwagen am Start, so viele wie seit Jahren nicht mehr. Zudem feierte Porsche seine Premiere in der DTM, hatte allerdings Pech, denn Michael Ammermüller musste den 911-er von SSR Performance bereits nach der Startrunde abstellen.
„Ich genieße jede Sekunde dieser Saison. Es hat so lange gedauert, bis ich es in die DTM geschafft habe. Ich habe immer wieder bei Audi angeklopft, ob sie nicht ein DTM-Cockpit für mich haben. Jetzt bin ich um so glücklicher, gegen diese starken Jungs fahren zu dürfen“, sprudelte es Kelvin van der Linde heraus. Der 25-Jährige aus Südafrika schaffte am Nürburgring sogar einen Hattrick: Er erzielte die Pole-Position, fuhr die schnellste Runde und holte den Sieg. „Es war ein intensives Rennen. Beim Start und Re-Start konnte ich mich durchsetzen und in Führung bleiben. Nur nach dem Reifenwechsel musste ich hart kämpfen. Es gab auch einen Kontakt, es wird halt hart gekämpft. Ich habe einen kühlen Kopf bewahrt und bin ruhig geblieben.“ Van der Linde baute seine Meisterschaftsführung auf 129 Punkte aus, neuer Zweiter ist Maximilian Götz (GER) im HRT-Mercedes-AMG, der am Samstag zwölf Punkte sammelte, während der Neuseeländer Liam Lawson (Red Bull-Ferrari, AF Corse) leer ausging und auf Rang drei (80) zurückfiel.
Atemberaubend war wieder einmal der Moment des Starts, für Fans und Fahrer gleichermaßen. Im dichtgestaffelten Formationsflug donnerten erstmals seit Jahren 23 Rennwagen die Startgerade hinunter. Ellis oder van der Linde – wer biegt als erster in die spitze Rechts-Kurve? Kelvin van der Linde erwischte die bessere Linie und verteidigte seine Pole-Position vor dem weiß-blauen WINWARD-Mercedes von Ellis. Bis dahin ging alles glatt, doch schon in der Kurzanbindung der Sprintstrecke wurde der Mücke-Mercedes-AMG von Maximilian Buhk (GER) in einen Dreher gezwungen – es folgte eine Safety-Car-Phase. Neben Buhk wurden auch Christopher Haase (GER) im Rosberg-Audi und Michael Ammermüller Opfer der Startrunde und schieden vorzeitig aus. Auch der Re-Start nach dem Ende der vierten Runde erfolgte in der spektakulären Zweierformation, sehr zur Freude der Fans auf den Tribünen und weltweit an den Bildschirmen. Wieder verteidigte van der Linde die Führung, dahinter duellierten sich die beiden Mercedes-AMG von Ellis und Stolz.
Es war ein durchgehend lebhaftes Rennen, mit etlichen Scharmützeln im gesamten Feld und mit knallharten Überholmanövern. Bedingt durch die unterschiedlich angetretenen Pflichtboxenstopps durften eine Handvoll Piloten Führungsluft schnuppern. Am längsten fuhr Lokalmatador Mike Rockenfeller (GER) mit dem Abt-Audi an der Spitze, weil er seinen Pflichtstopp am längsten hinauszögerte. Ob im Kampf um die Podiumsplätze sich Philip Ellis, Alex Albon und Luca Stolz duellierten oder im Kampf um die Punkteplätze Liam Lawson, Markus Winkelhock und Daniel Juncadella – es wurde Motorsport vom Feinsten geliefert. Winkelhock, der die verhinderte Sophia Flörsch im ABT-Audi mit Space-Drive-Lenkung von Paravan vertrat, kassierte letztlich eine Boxen-Durchfahrtsstrafe, weil er einen Dreher des Lawson-Ferrari ausgelöst hatte.
Nachdem Rockenfeller nach 31 Runden als Letzter neue Reifen abholte, war der Weg frei für seinen Teamkollegen Kelvin van der Linde zum dritten Saisonsieg. Gastfahrer Lucas Stolz, dessen Team in Quiddelbach inmitten der legendären Nordschleife ansässig ist, hatte sich auf Rang zwei vorgekämpft. „Das waren guter Fights heute, und ich hoffe, das war nicht unser letztes DTM-Rennen“, so stolz. Wie sehr Rockenfeller, ohnehin als „Reifenpflüsterer“ bekannt, seine Reifen geschont und trotzdem gute Rundenzeiten erzielt hatte, unterstrich am Ende sein vierter Platz – seine ungewöhnliche Strategie zahlte sich aus.
Unmittelbar vor dem Start des Rennens hatte sich alle Fahrer und Teamchefs der DTM vor der Zuschauer-Tribüne am Ende der Startgeraden eingefunden. Mit einem Transparent „Danke an alle Helfer“ und einer Schweigeminute gedachten Fahrer, Teamchefs und Zuschauern den Opfern der Flutkatastrophe vom 14./15. Juli vor allem im Nürburgring-nahen Ahrtal.
Knaller Im Qualifying: 22 Autos innerhalb von einer Sekunde / 3. Pole für Kelvin van der Linde
Was das 23-köpfige Starterfeld im Samstag-Qualifying ablieferte, war der Knaller. Es war eng, enger, super-eng: 22 Autos lagen innerhalb von weniger als einer Sekunde. Nur einer hatte das Geschehen im Griff, und das war der Tabellenführer. Kelvin van der Linde im ABT-Audi erwischte eine perfekte Runde und hatte einen für die Verhältnisse großen Vorsprung von über zwei Zehntelsekunden. Philip Ellis (SUI) im WINWARD-Mercedes und Marco Wittmann (GER) im Walkenhorst-BMW folgten auf den weiteren Plätzen. Somit standen drei Marken auf den ersten drei Startplätzen. Bester Gaststarter im Qualifying war Luca Stolz (GER) im Toksport-Mercedes-AMG als Fünfter, während Porsche bei seiner DTM-Premiere mit Michael Ammermüller (GER/SSR Performance) nur auf Rang 20 landete.
Am Sonntag wird das achte von 16 Saisonrennen auf dem Nürburgring ausgetragen. Wer wird „Halbzeit-Meister“ in der DTM 2021 – diese Frage wird am Sonntag ab 13:30 Uhr beantwortet. SAT.1 überträgt ab 13:00 Uhr live.
Foto: DTM