Mit dem Publikum kehrt ein Stück Normalität zurück: Beim vierten Saisonlauf der DTM im niederländischen Assen (04.–06. September) werden erstmals wieder Zuschauer auf den Tribünen Platz nehmen. Es ist das Ende der „Einsamkeit“, wie es Audi-Werksfahrer Robin Frijns beschreibt. Nach vier Pole-Positions in sechs Saisonrennen strebt Frijns in seiner Heimat den langersehnten ersten DTM-Sieg an. Assen ist der Auftakt einer intensiven Phase der hochkarätigen Tourenwagen-Rennserie mit drei Läufen an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden. Nach Assen geht es sofort zum Nürburgring in die Eifel, wo zunächst auf dem Grand-Prix-Kurs (11.–13. September) und dann auf der Sprintstrecke (18.–20. September) um Punkte gefahren wird. Damit steht innerhalb von nur 16 Tagen ein ganzes Saisondrittel auf dem Programm.Wenn am Samstag und Sonntag jeweils ab 13:30 Uhr – ab 13:00 live in SAT.1, Qualifying und Training live auf im Streaming-Portal DTM Grid – die Saisonrennen sieben und acht ausgetragen werden, könnten die Voraussetzungen für spannungsgeladene Motorsport-Action kaum besser sein. Schließlich gewann auf dem Lausitzring Titelverteidiger René Rast (GER) das dritte Saisonrennen mit nur 0,089 Sekunden Vorsprung vor Tabellenführer und Audi-Markenkollege Nico Müller (SUI) – kein Rennen der langen DTM-Geschichte endete knapper. Und im sechsten Saisonrennen beendete BMW mit einem Doppelsieg durch Lucas Auer (AUT) und Timo Glock (GER) die über ein Jahr währende Siegesserie von Audi. Tempo-Kathedrale: DTM kehrt nach Premiere 2019 zurück Assen, berühmt für seine Motorradrennen, feierte im Juli 2019 eine viel beachtete DTM-Premiere. Vor großartiger Kulisse und Europas längster Tribüne duellierten sich Audi und BMW mit unentschiedenem Ausgang. Im Samstagrennen siegte vor einem Jahr Marco Wittmann (GER) für BMW vor dem Audi-Duo Müller und Rast, im Sonntagrennen triumphierte Audi-Mann Mike Rockenfeller (GER) vor Wittmann und Müller. Auf dem 4,542 Kilometer langen Kurs, südlich von Groningen und etwa 40 Kilometer von der Grenze zu Deutschland gelegen, setzte im vergangenen Jahr der Österreicher Philipp Eng (BMW) mit 1.27,638 Minuten den ersten DTM-Rundenrekord. Diesen Bestwert gilt es an diesem Wochenende zu unterbieten.Nico Müller, am Montag nach dem Lausitzring-Rennen (24. August) erstmals Vater geworden, reist mit einem gut gefüllten Meisterschaftskonto mit 133 Punkten in die Niederlande. Der Vizemeister von 2019 hat derzeit 36 Zähler Vorsprung auf den zweimaligen DTM-Champion Rast (97). Frijns liegt mit 92 Punkten ebenfalls in Schlagdistanz. Mit 52 Zählern rangiert Ex-Formel-1-Pilot Glock als Bester des BMW-Kaders auf Rang vier. Robin Frijns: Heimspiel für den Top-Qualifier des Jahres 2020 Im Fokus steht allen voran Frijns. Vier Pole-Positions haben ihm unter Fahrerkollegen bereits den Spitznamen „Die Maschine“ eingebracht, aber noch keinen Sieg. Für den 29-Jährigen aus Maastricht, bislang viermal auf dem Podium, wäre ein Sieg in der Heimat und dann auch noch vor Zuschauern das höchste der Gefühle. Seit immerhin 44 Rennen wartet der ehemalige Formel-1-Testfahrer auf seinen ersten DTM-Triumph. Noch länger wartet das Motorsport-enthusiastische niederländische Publikum auf einen DTM-Sieg eines Fahrers aus den eigenen Reihen. Zuletzt gewann Christijan Albers am 02. Mai 2004 ein DTM-Rennen – damals in Estoril in Portugal. Strategie entscheidet mit: Reifen und Boxenstopps im Fokus Der „TT-Circuit Assen“ ist eine spektakuläre Rennstrecke, geprägt von schnellen und mittelschnellen Kurven. Aus dem Vorjahr wissen die DTM-Piloten, dass auf diesem anspruchsvollen Kurs die Reifen überaus hart gefordert werden, ähnlich wie beim Saisonauftakt in Spa-Francorchamps (BEL). Auch wenn Fahrer und Teams mittlerweile mehr Erfahrung mit den Einheitsreifen von Hankook haben, so wird es auch in Assen auf den vorsichtigen Umgang mit dem „schwarzen Gold“ ankommen. Schon jetzt stellen sich einige Fahrer die Frage, ob es bei einem Pflichtstopp bleibt oder auch ein zweiter Reifenwechsel von Vorteil sein könnte – und die Rennen somit um ein mögliches Spannungselement bereichert. Rückkehr der Emotionen: Zuschauer im „Covid-19-Jahr“ erstmals zugelassen Der vierte DTM-Saisonlauf ist ein ganz besonderes Event, denn erstmalig sind wieder Zuschauer auf den Tribünen zugelassen – wenn auch nur in begrenzter Anzahl (Tickets sind bis Sonntag, 12:00 Uhr, für 49 Euro über den DTM-Ticketshop tickets.dtm.com oder über die DTM-Tickethotline +49 1806 386 386 erhältlich). Dabei geht es um weit mehr als die reine Anwesenheit von Publikum. Mit Fahnen, Bannern sowie Trommeln und Trompeten sorgen die Fans auf der Tribüne zumindest teilweise für die bunte und stimmungsvolle Atmosphäre, wie sie vor der Corona-Pandemie seit jeher die DTM prägte. Geboten wird den Zuschauern nicht nur die DTM, sondern auch die Belcar Endurance Serie, die Tourenwagen Classics, die Supercar-Challenge und der Mazda MX-5 Cup – insgesamt also fünf Rennserien.Auf eine stattliche Fan-Abordnung von in den Niederlanden lebenden Polen setzt in Assen auch Robert Kubica. Dem Formel-1-Piloten fällt der Wechsel in die DTM noch schwer, wie etlichen Grand-Prix-Kollegen zuvor. Besser als für BMW-Pilot Kubica läuft es bislang für die drei Audi-Fahrer der belgischen WRT-Mannschaft. Vor allem Ferdinand Habsburg zog mit einem vierten Startplatz und einem sechsten Platz im Rennen das Interesse auf sich. Wie die meisten DTM-Akteure hat auch der 23-jährige Österreicher beste Erinnerungen an die DTM-Premiere vor einem Jahr, an die enthusiastischen Fans und auch an die Gemeinde Assen selbst. In einer launigen Online-Pressekonferenz vor dem Rennwochenende erinnerte sich Habsburg vor allem an „Hagelslag“, zu Deutsch Schokostreusel. Prompt versprach Frijns, ihm den klassischen holländischen Brotbelag mitzubringen, worauf Habsburg „drohte“, sich mit einem Kuss zu bedanken. Keine Verschnaufpause: Acht DTM-Piloten starteten beim 6h-Rennen auf dem Nürburgring In der überaus kompakten Saison mit neun Läufen bildet der September das zweite Drittel der Meisterschaft. Für Fahrer und Teams bedeutet der anstehende Kalender eine äußerst intensive Zeit mit verkürzten Vorbereitungs-Intervallen für die bis zu 640 PS starken Tourenwagen, zumeist fernab der heimischen Werkstatt. Hatten Rast, Müller und Frijns zwischen Spa und Lausitzring zusätzlich noch sechs Rennen zur Formel E bestritten, so gönnte sich das halbe DTM-Fahrerfeld zwischen Lausitzring und Assen kein Wochenende zum Ausruhen. Das Audi-Quartett Frijns, Müller, Rockenfeller und Jamie Green (GBR) sowie die BMW-Fahrer Eng, Wittmann, Auer und Sheldon van der Linde (RSA) waren auf GT3-Sportwagen beim Sechs-Stunden-Rennen auf der Nürburgring-Nordschleife im Einsatz. Frijns war als Zweitplatzierter im 160 Autos starken Starterfeld der beste DTM-Vertreter – wenn das kein gutes Omen für Assen ist. Sie alle werden sich im September gleich für drei Wochen in der Eifel einquartieren, denn nach zwei DTM-Rennen sind die DTM-Stars vom 24.–27. September beim 24-Stunden-Klassiker in der „Grünen Hölle“ am Start. » Stimmen – Vorschau, Assen „Wir freuen uns riesig auf die Rückkehr unserer Fans. Der Anblick von Zuschauern auf den Tribünen wird eine zusätzliche Motivation für die Fahrer sein – jeder Sportler braucht die Unterstützung durch seine Fans. Ich hoffe sehr, dass Assen keine Ausnahme in diesem außergewöhnlichen Sportjahr bleibt und wir auch bei zukünftigen Rennen Zuschauer begrüßen können. Dass die Popularität der DTM ungebrochen und die Fan-Gemeinde groß ist, zeigen auch die letzten Einschaltquoten von Sat.1 für die Rennen am Lausitzring. Deshalb lohnt es sich, weiter für die DTM zu kämpfen.“ Gerhard Berger, 1. Vorsitzender ITR e. V. „Es ist bitter, wenn man vier Mal die Pole-Position erzielt und dann einsam auf dem ersten Startplatz steht – ohne Zuschauer auf den Tribünen. Deshalb ist es großartig, in Assen wieder Zuschauer zu erleben. Assen ist genau mein Ding: eine anspruchsvolle, schnelle Strecke, bei der es darauf ankommt, mit den Reifen zu haushalten. Zwar ist Assen mein Heimrennen, liegt aber nicht vor meiner Haustür. Ich habe eine zweistündige Fahrt bis dorthin.“ Robin Frijns, Audi Sport Team Abt Sportsline „Wir haben einen Schritt nach vorn gemacht, wie der Doppelsieg am Lausitzring gezeigt hat. Ich hoffe, wir können auch im Qualifying noch einen weiteren machen, um die Lücke weiter zu schließen. Assen ist allerdings völlig anders als der Lausitzring. Auf diesem Kurs ist vor allem die Aerodynamik gefragt, optimaler Abtrieb für die Highspeed-Kurven erforderlich. Darauf müssen wir das Set-up anpassen, auch wir Fahrer müssen uns darauf einstellen. Ich liebe diese Strecke, die in ihrer flüssigen Charakteristik der von Zandvoort sehr ähnlich ist.“ Marco Wittmann, BMW Team RMG „In dieser Saison muss ich erst einmal mein neues Auto und mein neues Team kennenlernen. Schon die Herangehensweise des Teams an die verschiedenen Aufgaben ist ziemlich anders, als ich es kennengelernt habe. Aber WRT ist ein erfolgreiches Team, wir machen schnell Fortschritte, wie der vierte Startplatz und der sechste Rang im Rennen schon gezeigt haben. Assen gefällt mir, denn ich habe schon zu meiner Formel-3-Zeit Rennstrecken mit mittelschnellen und schnellen Kurven gemocht.“ Ferdinand Habsburg, WRT Team Audi Sport |
Foto: Hoch Zwei